Aktuelles

Studie rückt Männer weiter in den Fokus der Reproduktionsmedizin: Auch Ernährung werdender Väter beeinflusst Gesundheit der Kinder

20.6.2024. Ob Fertilität oder Gesundheit der Kinder: Längst stehen nicht mehr ausschließlich Frauen mit Kinderwunsch im Fokus der Reproduktionsmedizin. Rauchen etwa reduziert das Befruchtungspotenzial der Spermien rund um die Hälfte. Bekannt ist auch, dass mit dem väterlichen Alter die biologischen Gesundheitsrisiken für das Kind steigen. So haben Kinder älterer Väter ein statistisch erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen wie Autismus, Schizophrenie und bipolare Störungen. Eine aktuelle Studie von Helmholtz Munich und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung brachte nun neue Erkenntnisse darüber, wie Ernährung und Übergewicht von Vätern bereits vor der Zeugung die Gesundheit ihrer Kinder mittels epigenetischer Mechanismen und bestimmter mitochondrialer RNA-Fragmente in den Spermien beeinflussen können.

Dafür analysierten die Forschenden Daten von rund 3.000 Familien der LIFE-Child-Studie der Universität Leipzig und konnten zeigen, dass das Körpergewicht des Vaters das Gewicht der Kinder und ihre Anfälligkeit für Stoffwechselkrankheiten beeinflusst – und zwar unabhängig von anderen Faktoren wie dem Gewicht der Mutter, der elterlichen Genetik oder Umweltbedingungen.

Je gesünder die Ernährung der Väter, desto geringer das Risiko der Kinder, Übergewicht oder Diabetes zu entwickeln

Ihre Beobachtungen stützte das Forschungsteam durch Experimente mit Mäusen, die eine sehr fettreiche Nahrung erhielten. Tatsächlich führten Spermien aus den Nebenhoden von Mäusen, die eine Hochfettdiät erhalten hatten zu Nachkommen mit einem erhöhten Risiko für Stoffwechselerkrankungen. In zusätzlichen Laboruntersuchungen erzeugten die Forschenden Embryonen mit In-vitro-Fertilisation. Verwendeten sie Spermien von den Mäusen, die der Hochfettdiät ausgesetzt waren, fanden sie sogenannte mt-tsRNAs dieser Spermien in frühen Embryonen, welche die Genexpression und damit die Gesundheit der Nachkommen signifikant beeinflussten.

Ihre Studie stärke die Hypothese, dass im Laufe des Lebens erworbene Eigenschaften wie Diabetes oder Adipositas über Generationen mittels epigenetischer Mechanismen weitergegeben werden, so die Studienautor:innen. Dies geschehe nicht nur über die mütterliche, sondern, wie ihre Forschungsergebnisse zeigten, auch über die väterliche Linie.

Um das Risiko von Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes bei Kindern zu verringern, bedürfe es deshalb besserer Aufklärung und Gesundheitsvorsorge bei Männern mit Kinderwunsch.

Diese Ansicht teilt auch der Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Andrologie e.V. (DGA), Dr. Jann-Frederik Cremers: „Als Fachgesellschaft transportieren wir wissenschaftlich fundiertes Wissen zur Männergesundheit fortlaufend in die breitere Öffentlichkeit in Pressemitteilungen, auf Pressekonferenzen sowie in ungezählten Interviews für die Publikumsmedien. Und natürlich werden neue Erkenntnisse zur Gesundheit von Männern mit Kinderwunsch wie die des Helmholtzzentrums München auch Eingang in die spezielle reproduktionsmedizinische Beratung unserer Patienten finden“.

Originalpublikation: Tomar A et al., Epigenetic inheritance of diet-induced and sperm-borne mitochondrial RNAs. Nature 2024.